Starker Nordwind ist für die nächsten Tage gemeldet – und zwar für die ganze Westküste Norwegens. Also beschliessen wir uns ins Landesinnere zu verziehen und den Sognefjord anzusteuern. Mit seiner Länge von 205km ist er der längste Fjord in Norwegen.

Von Bergen zum Sognefjord
In drei Tagesetappen von Bergen aus – leider praktisch nur unter Motor – erreichen wir schliesslich den Fjord. Er begrüsst uns mit böigen Winden und wir können endlich wieder einmal die Segel setzen. In zwei Tagesetappen erreichen wir unser erstes Ziel Vik. Ein kleines verschlafenes Dörfchen umgeben von hohen Bergen.
Wir schlendern durch das verschlafene Dörfchen und wandern entlang des Flusses bis zur Stabkirche Hopperstad. Der Eintritt von 1200 NOK (12 Euro) lässt uns schon erahnen, dass hier einige Touristen vorbeikommen. Und tatsächlich, am nächsten Tag um 0700 Morgens fällt der Anker eines Kreuzfahrtschiffes und Hunderte Besucher strömen in das kleine Dorf. Gut, dass wir unsere Wanderung schon am Vortag gemacht haben!



Weiter nach Flåm
Für uns geht es nun weiter nach Flåm. Wir verlassen den Hauptarm des Sognefjords und biegen in den Aurlandsfjord ein. Hier ragen die Berge teils senkrecht aus dem Wasser empor – eine Kulisse, die uns sprachlos macht. Zunächst tuckern wir noch unter Motor durch die beeindruckende Landschaft, bis plötzlich der Wind auffrischt. Die letzten Meilen können wir wieder segeln, während das Tiefdruckgebiet draussen vor der Küste seine Wirkung bis ins Fjordinnere entfaltet. Wir legen bei ca. 35kts Windböen im Hafen von Flåm an. Und wie nicht anders zu erwarten ist, legt am nächsten Morgen bereits das erste Kreuzfahrtschiff an.



Mit der Flåmbahn nach Myrdal – und mit dem Velo zurück
Natürlich wollen wir mit der berühmten Flåmbahn nach Myrdal fahren, angeblich die steilste normalspurige Eisenbahn der Welt. Als Bündnerin bin ich nicht ganz damit einverstanden. Die Rhätische Bahn hat mit 70 ‰ Steigung 14,5 ‰ Steigung mehr als die Flåmbahn. Beim Ticketkauf empfiehlt uns die Dame die Fahrt besser am Samstag zu machen, da am Freitag ein Kreuzfahrtschiff mit 6000 Gästen erwartet wird. Soviele Touristen auf einem Haufen sind wir nicht gewohnt und ziehen am Freitag auf der Winggis 42 unsere Vorhänge zu um den neugierigen Blicken zu entkommen.
Am Samstag geht’s dann los – mit den Velos im Gepäck. Wir wollen mit der Flåmbahn nach Myrdal und dann mit unseren Velos zurück nach Flåm fahren. Die Fahrt mit der Flämbahn durch das Flåmtal ist beeindruckend. Es geht vorbei an Wasserfällen, steilen Felswänden und schliesslich hinauf bis nach Myrdal auf 866m. Dann beginnt die Abfahrt und es geht zuerst die 21 steilen Serpentinen nach Kårdal runter, mit 10-12% Gefälle Schotter werden sogar unsere Velobremsen heiss. Danach geht es gemütlich entlang des Flusses zurück nach Flåm. Schön war es!
Nærøfjord
Es zieht uns weiter in den Nærøfjord, der schmalste Fjordarm des Sognefjords. Er misst an der schmalsten Stelle 250m und ist von 1800m hohen Bergen umgeben. Zusammen mit zwei privaten Luxusyachten ankern wir in einer stillen Bucht. Die Aussicht ist einfach spektakulär und wir sitzen im Cockpit und bestaunen die Umgebung. Die Wanderung zum nahe gelegenen Wasserfall war ebenfalls sehr eindrücklich und wird uns in Erinnerung bleiben.



Fjærlandsfjord
Unsere Freunde Julia und Jens von der SY Senja sind auf ihrem Rückweg aus dem Norden, und wir möchten sie unbedingt noch treffen. Wir verabreden uns in 4–5 Tagen in Leirvik – genug Zeit, um vorher noch einen Abstecher in den Fjærlandsfjord zu machen.
Der Fjord gilt als einer der schönsten Seitenarme des Sognefjords. Hier ziehen sich die Gletscherzungen bis fast hinunter ans Wasser, ein Anblick, der uns sofort in seinen Bann zieht. Im Fjord schimmert das Wasser blaugrün, darüber leuchten die weissen Gletscher. Mit unseren Velos fahren wir bis zum Suphellebreen und staunen auch hier über die beeindruckende Natur.
Auch das Gletschermuseum besuchen wir – dort erfahren wir mehr über die Entstehung der Gletscher, die Region und ihre beeindruckende Vielfalt.
Hiebe vom Getriebe
Leider müssen wir diesen schönen Ort wieder verlassen um rechtzeitig in Leirvik zu sein. Wir legen nach 2 Tagen wieder ab mit Ziel Balestrand, dort wollen wir noch Diesel tanken. Kaum sind wir eine halbe Stunde unterwegs, absolut kein Wind, hören wir plötzlich komische Geräusche aus dem Motorenraum. Martin geht sofort runter in den Motoraum – der Motor blockiert! Ein Startversuch zeigte sofort, vergiss es, da geht nur noch mehr kaputt. Wir überlegen, was nun zu tun ist. Wir müssen zurück an den Steg um in Ruhe zu schauen was das Problem ist. Zum Segeln hat es keinen Wind, also lassen wir unser Dinghi ins Wasser und schleppen unsere 23t schwere Winggis 42 selbst mit dem 5 PS Motor zurück an den Steg. Martin im Dinghi und ich am Steuer. Zum Glück stehen auf dem Steg ein paar Leute die uns beim Anlegen helfen.
Zuerst wussten wir gar nicht was genau kaputt war. Unsere Gedanken kreisen, was, wenn der Motor kaputt ist. Hier liegen wir abgelegen vor jeder grösseren Stadt, keine Werft, kein Bootsladen, kein Hafen und kein Kran. Wir müssten uns wohl in die nächste grössere Ortschaft abschleppen lassen.
Zuerst telefonieren wir mit Julia und Jens von der SY Senja und geben Bescheid dass wir es leider nicht an unser geplantes Treffen schaffen werden. Jens, selbst Seenotretter bei der DGzRS schlägt sofort vor uns abzuschleppen, falls wir keine andere Lösung finden würden.
Die beiden sind wahre Seglerfreunde – auch wenn sie selbst mit einem Motorboot unterwegs sind. Ihr Angebot, uns im Notfall abzuschleppen, hätte für sie bedeutet, zwei Tage bis zu uns nach Fjærland zu fahren und wieder zwei Tage zurück in den nächsten Hafen. Wir schätzen dieses Angebot sehr, und allein zu wissen, dass sie im Notfall für uns da wären, war unglaublich beruhigend.
Ok, jetzt erstmal in Ruhe schauen was los ist. Nach Martin’s Inspektion ist sofort klar, dass das Getriebe kaputt gegangen ist. Zum Glück „NUR“ das Getriebe und nicht der Motor! Das Getriebe mussten wir erst kürzlich reparieren weil das Ersatzgetriebe bei UPS verloren ging. Vermutlich führte ein defekter Simmerring zu schnellem, unbemerkten Ölverlust was dann die Lager weniger amüsant fanden….Aua
Martin baut das Getriebe sogleich auch aus und stellt fest, dass wir es ohne Werkstatt nicht reparieren können. Wir müssen also ein neues Getriebe nach Fjærland bestellen.
In Holland finden wir das passende Getriebe. Wir bestellen es noch vor dem Wochenende und lassen es an den kleinen Dorfladen am Hafen senden. Nun heisst es erstmal warten und die Tage an diesem schönen Ort geniessen.
Warten in Fjærland
Zu unserer grossen Freude lassen Julia und Jens ihr Schiff im Hafen von Askvoll liegen, nehmen zuerst den Bus, mieten dann ein Auto und besuchen uns zum Wochenende in Fjærland. Zusammen verbringen wir wunderschöne gemeinsame Stunden mit interessanten Gesprächen, einem Besuch bei Boyabreen Gletscher und natürlich gibt es Abends ein Schweizer Raclette. Die beiden schlafen bei uns auf dem Schiff.


Wir verbringen die wartenden Tage hauptsächlich mit Velofahren in dieser unglaublich schönen Landschaft am Fusse des Jostedalsgletscher.



Am Steg lernen wir auch Max kennen, ein Italiener aus Rom, er war auch mal Skilehrer in Davos und ist seit 20 Jahren Tourguide in Norwegen. Mit seiner Gruppe verbringt er gerade 2 Tage in Fjærland. In seinen Pausen kommt er auf einen richtigen italienischen Kaffee vorbei – und ich geniesse es, endlich wieder einmal Italienisch zu sprechen.
Am Mittwoch wird tatsächlich bereits unser neues Getriebe geliefert – die etwas ältere Pöstlerin brachte das 25kg schwere Getriebe eigenhändig an den Steg bis zum Schiff! Wir staunen nur – Norweger halt!

Martin lässt keine Zeit verstreichen, baut das neue Getriebe ein und bereits am nächsten Tag verlassen wir Fjärland Richtung Balestrand. Alles funktioniert wieder einwandfrei -bis jetzt!
Balestrand

Im Hafen von Balestrand angekommen, suchen wir erstmal Diesel – laut unserem Hafenhandbuch sollte es diesen hier geben. Alles was wir aber noch vorfinden, ist eine geschlossene Tankstelle. Bis in den nächsten Hafen haben wir genug Diesel dabei. Wir schlendern noch etwas in diesem touristischen Örtchen herum und besuchen das berühmte Kviknes Hotel, das 1913 im Schweizer Stil gebaut wurde. Auch Max, unser italienischer Tourguide-Freund, schaut noch einmal vorbei, bevor wir uns für die nächste Zeit voneinander verabschieden.
Leirvik
Am nächsten Tag legen wir in Balestrand ab und motoren rund acht Stunden gegen den Wind – natürlich wieder etwa 20 Knoten – nach Leirvik, wo wir direkt zur eingezeichneten Tankstelle fahren. Diesmal klappt alles problemlos – eine top ausgestattete Tankstelle und wir sind entsprechend erleichtert.
Mit neuem Getriebe, vollem Tank und vielen Erinnerungen im Gepäck sind wir nun bereit für das nächste Kapitel unseres Norwegen-Abenteuers.










































































